Ausführliche Darstellung der Studiendaten in allgemeinverständlicher Sprache

KETO-ADPKD ist eine klinische Studie, in der untersucht wurde, inwieweit Ernährungsänderungen als Therapieoptionen bei einer ADPKD in Frage kommen. Konkret wurden dabei Ernährungsformen getestet, die dazu führen, dass der Körper in eine ketogene Stoffwechsellage kommt. Das bedeutet, dass dem Körper weniger Kohlenhydrate zugeführt werden oder diese für kurze Zeit komplett vorenthalten werden. Der Körper bildet dann spezifische Stoffwechselprodukte, die Ketonkörper. Es konnte bereits in der Vergangenheit gezeigt werden, dass die Zellen, welche für die Bildung der Zysten bei der ADPKD verantwortlich sind, Veränderungen im Stoffwechsel aufweisen, hier insbesondere auf Zucker angewiesen sind und Ketonkörper sowie Fette vermutlich schlecht verwerten können2. In Experimenten mit Mäusen konnte dann nachgewiesen werden, dass das Zystenwachstum und die Abnahme der Nierenfunktion durch eine ketogene Diät deutlich verlangsamt werden3.

Welchen Einfluss eine ketogene Stoffwechsellage bei ADPKD-Patienten hat, war bisher jedoch völlig unklar. Zwar hatten sich eine kleine Pilotstudie schon einmal damit beschäftigt, ob derartige Ernährungsformen für wenige ADPKD-Patienten über einen kurzen Zeitraum machbar waren4. Außerdem haben Kollegen in Italien die Machbarkeit einer Atkins-Diät (welche ebenfalls zur ketogenen Stoffwechsellage führt) in drei Patienten untersucht. Aber diese Studien waren bezüglich ihres Designs noch nicht dazu geeignet, ein tieferes Verständnis zu entwickeln. Dazu war die Teilnehmerzahl zu gering, es fehlte ebenso eine Kontrollgruppe, welche für die Frage nach der Wirkung letztlich zwingend notwendig ist. KETO-ADPKD hat nun genau diese Lücke geschlossen. Dafür wurden 63 ADPKD-Patienten in die Studie eingeschlossen. Diese Personen wurden zufällig (randomisiert, d. h. im Losverfahren) einer von drei Gruppen zugeteilt:

  • Einer Gruppe, die für drei Monate einer ketogenen Diät gefolgt ist. Das bedeutet, dass täglich weniger als 30 g Kohlenhydrate gegessen oder getrunken wurden und die fehlenden Kalorien durch Fette ersetzt wurden.
  • Einer Gruppe, die einmal im Monat für drei Tage nur Wasser zu sich genommen hat (3-Tage-Wasserfasten); insgesamt wurde auch dies für drei Monate durchgeführt.
  • Einer Gruppe, die ihre Ernährung nicht umgestellt hat (Kontrollgruppe)

Ob die Patienten unter ihrer Diät in eine ketogene Stoffwechsellage kamen, wurde gemessen durch Blutabnahmen, Messung von Ketonkörpern in der Atemluft und im Urin. Weiterhin wurden die Patienten in den Diätgruppen gefragt, ob sie die Diät für machbar hielten.

95% der Patienten, die einer ketogenen Diät gefolgt waren, hielten diese für machbar und bei fast 80% konnte auch eine ketogene Stoffwechsellage in den Messungen zu mehreren Zeitpunkten nachgewiesen werden.

85% der Patienten, die an dem 3-Tage-Wasserfasten teilgenommen hatten, hielten diese für machbar. Auch hier war bei der großen Mehrheit eine deutliche Umstellung der Stoffwechsellage nachweisbar.

Verglichen mit der Kontrollgruppe, zeigte sich in der Gruppe unter ketogener Diät eine nicht nur durch Zufall erklärbare Gewichtsabnahme während der Studienzeit. Diese war insbesondere auf eine Verminderung von Körperfett zurückzuführen.

Während der Studienphase zeigte sich bei den Patienten in der Kontrollgruppe eine durchschnittliche Zunahme des an die Körpergröße angepassten totalen Nierenvolumens (htTKV) von 0,79%, in der 3-Tage-Wasserfasten-Gruppe von 0,80%. In der Gruppe unter ketogener Diät zeigte sich eine Abnahme des htTKV von 0,55%. Allerdings sind die Veränderungen nicht so groß, als dass sie nicht durch eine zufällige Änderung alleine erklärt werden könnten. Diese Frage untersuchen Wissenschaftler mit der sogenannten Signifikanztestung. Die Unterschiede in der Entwicklung des Nierenvolumens waren also nicht statistisch signifikant.

Im an die Körpergröße angepassten Lebervolumen (htTLV) eine Größenzunahme in der Kontrollgruppe von 2,04% und von 0,15% in der 3-Tage-Wasserfasten-Gruppe. In der Gruppe unter ketogener Diät zeigte sich hingegen eine Abnahme von 4,73% und es ist unwahrscheinlich, dass die Änderung zwischen der Kontroll- und der ketogenen-Diät-Gruppe nur durch Zufall alleine zu erklären ist.

Die Nierenfunktion zeigte über die Studienphase in der Kontrollgruppe vom Zeitpunkt vor Beginn der Ernährungsumstellung bis zum Ende der Ernährungsumstellung (d. h. nach drei Monaten) eine Abnahme von 1,74% und in der 3-Tage-Wasserfasten-Gruppe von 0,20%. In der ketogenen-Diät-Gruppe hingegen zeigte sich eine Zunahme von 5,51%. Die Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der ketogenen-Diät-Gruppe lassen sich dabei nicht durch Zufall erklären.

Hinsichtlich Nebenwirkungen war vor allem die für diese Ernährung bekannte vorübergehende Keto-Grippe in der Gruppe unter ketogener Ernährung gehäuft aufgetreten. Da der Körper sich an einer ketogene Diät erst anpassen muss, zeigten sich gerade in der ersten Phase nach Beginn bei zehn Patienten Beschwerden, die typisch für diese Anpassung sind und als „Keto-Grippe“ bezeichnet werden. Dazu zählen Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Übelkeit und Schlafbeschwerden. Alle diese Beschwerden hörten im weiteren Verlauf von meist wenigen Tagen alleine wieder auf.

Weiterhin konnten bei vier Patienten in der Gruppe unter ketogener Ernährung erhöhte Cholesterinwerte, also Blutfettwerte, nachgewiesen werden, die zuvor noch nicht bestanden. Ein Patient in der ketogenen-Diät-Gruppe entwickelte einen Harnstein, der in Zusammenhang mit der Diät stehen könnte.

Zusammenfassend erscheinen Diäten, die zu einer ketogenen Stoffwechsellage führen, bei ADPKD-Patienten gut umsetzbar zu sein. Lediglich ein Patient aus der 3-Tage-Wasserfasten-Gruppe brach die Diät ab, weil sie für diesen Teilnehmer nicht weiter umsetzbar erschien.

Die deutliche Änderung des Lebervolumens muss auch im Zusammenhang damit gesehen werden, dass durch die ketogene Stoffwechsellage Kohlenhydrat-Reserven (Glykogen) genutzt werden, was zusätzlich zu einer Verminderung des Lebervolumens führt. Weitere Analysen müssen daher zeigen, welcher Anteil des Effekts wirklich auf eine Abnahme der Zysten zurückzuführen ist. Und hinsichtlich des Nierenvolumens werden nun weitere Analysen durchgeführt, um zu untersuchen, ob sich bei Patienten, welche höhere Ketonkörper-Werte gezeigt haben, ggf. ein größerer Effekt vorliegt.

Die Verbesserung der Nierenfunktion in der ketogenen Diätgruppe könnte im Prinzip die Folge eines bloßen Effekts von Veränderungen der Muskelmasse oder der Fleischzufuhr und deren Auswirkungen auf den gemessenen Parameter (Kreatinin) sein. Dies erscheint jedoch unwahrscheinlich, da die Messungen der Körperzusammensetzung keine relevante Veränderung der Muskelmasse ergaben und die Ergebnisse anhand eines zweiten Parameters (Cystatin) zur Berechnung der Nierenfunktion bestätigt werden konnten. Nichtsdestotrotz wird es jetzt sehr wichtig sein, Langzeitdaten zu erhalten, um die positiven Auswirkungen auf die Nierenfunktion sowie die Sicherheit des Ansatzes zu bestätigen.

  1. Cukoski, S., Lindemann, C. H., Arjune, S., Todorova, P., Brecht, T., Kühn, A., Oehm, S., Strubl, S., Becker, I., Kämmerer, U., Torres, J. A., Meyer, F., Schömig, T., Hokamp, N. G., Siedek, F., Gottschalk, I., Benzing, T., Schmidt, J., Antczak, P., Weimbs, T., Grundmann, F. & Müller, R.-U. Feasibility and impact of ketogenic dietary interventions in polycystic kidney disease: KETO-ADPKD—a randomized controlled trial. CR Med 0, (2023).
  2. Podrini, C., Cassina, L. & Boletta, A. Metabolic reprogramming and the role of mitochondria in polycystic kidney disease. Cellular Signalling 67, 109495 (2020).
  3. Torres, J. A., Kruger, S. L., Broderick, C., Amarlkhagva, T., Agrawal, S., Dodam, J. R., Mrug, M., Lyons, L. A. & Weimbs, T. Ketosis Ameliorates Renal Cyst Growth in Polycystic Kidney Disease. Cell Metab. (2019). doi:10.1016/j.cmet.2019.09.012
  4. Oehm, S., Steinke, K., Schmidt, J., Arjune, S., Todorova, P., Lindemann, C., Wöstmann, F., Meyer, F., Siedek, F., Weimbs, T., Müller, R.-U. & Grundmann, F. RESET-PKD: A pilot trial on short-term ketogenic interventions in autosomal dominant polycystic kidney disease. Nephrol Dial Transplant gfac311 (2022). doi:10.1093/ndt/gfac311